Beim Diabetes ist das vorrangige Ziel, den Blutzucker normal und stabil zu halten. Dabei gibt es aber große Probleme, wenn man größere Mengen Kohlenhydrate zu sich nimmt. Erstens, man weiß nie, wie viele Kohlenhydrate tatsächlich in der Nahrung drin sind. Beispielsweise Äpfel von einem Baum zur gleichen Ernte können extrem unterschiedlich sein. Der eine Apfel hat an der Südseite in der Sonne reifen können, der andere Apfel befand sich auf der Nordseite dauerhaft im Schatten. Das Resultat ist, dass der Apfel von der Südseite doppelt so viele Kohlenhydrate enthält wie der von der Nordseite.

Das zweite Problem besteht darin, dass man nie wissen kann, wie schnell die Kohlenhydrate aus der Nahrung im Darm aufgenommen werden und im Blut erscheinen. Wenn der Magen leer ist, man hungrig ist, man nur Kohlenhydrate zu sich nimmt und dazu noch viel Flüssigkeit, wird es zu einer sehr schnellen Anflutung im Blut kommen. Ist der Magen dagegen mit einer fettreichen Mahlzeit gefüllt, und man nimmt dann Kohlenhydrate zu sich, wird der Magen nur langsam kleine Portionen der fettreichen Nahrung in den Dünndarm freigeben, so dass die Kohlenhydrate erst deutlich verzögert und langsamer aufgenommen werden können. Die Geschwindigkeit der Aufnahme variiert also je nach Ernährungszustand und Zusammensetzung der Nahrung beträchtlich.
Als Diabetiker hat man also das Problem, dass man nie weiß, wie viele Kohlenhydrate man aufnimmt und wann sie im Blut erscheinen. Egal, wie man es macht, man macht es immer falsch!

Wenn man sehr viele KH zu sich nimmt, braucht man viel Insulin und der absolute Fehler der Insulindosierung wird groß sein. Wenn man weniger KH zu sich nimmt, braucht man weniger Insulin und der Dosierungsfehler ist kleiner. Wenn man aber überhaupt keine KH zu sich nimmt, braucht man für die Nahrung auch kein Insulin mehr. Der Dosierungsfehler durch die Nahrung ist damit beseitigt. Als Diabetiker braucht man das Insulin dann nur noch für den Grundbedarf.

Bei großen Mengen an Kohlenhydraten kann man als Diabetiker die großen Dosierungsfehler nicht vermeiden. Sie treten regelmäßig auf. Konsequenz ist, dass der Blutzucker entweder zu hoch oder zu niedrig ist. Beides ist schlecht für die Gesundheit. Erst die ketogene Ernährung bringt den insulinabhängigen Diabetiker in die Lage, den Blutzucker stabil im Gleichgewicht zu halten.

Zusätzlich stellt sich ein Effekt ein, der für einen insulinabhängigen Diabetiker sehr wertvoll ist. Wenn permanent größere Mengen an Ketonkörpern im Blut zirkulieren, dann wird die Verbrennung der Ketonkörper im Hirngewebe wieder trainiert. Die Fähigkeit des Gehirns, Ketonkörper zur Energieversorgung zu verwenden, ist bei jedem Menschen genetisch vorhanden und wird im Mutterleib benutzt. Im Rahmen der üblichen modernen Ernährung tauchen die Ketonkörper kaum noch im Organismus auf, mit der Folge, dass dieser Stoffwechselweg im Hirngewebe verkümmert. Im Rahmen einer ketogenen Ernährung wird dieser Stoffwechselweg aber reaktiviert und trainiert, was erfahrungsgemäß etwa drei Monate dauert. Danach ist das Hirn wieder in der Lage, den Energiebedarf im Notfall komplett aus Ketonkörpern zu decken, wenn nicht genügend Zucker im Blut vorhanden ist. Das bedeutet, die Abhängigkeit des menschlichen Hirns von der Glukose ist dann gebrochen. Das Hirn kann wieder zwei verschiedene Energieträger verwerten und befindet sich nicht mehr in dieser bedrohlichen Abhängigkeit. Konkret bedeutet dies für einen Diabetiker, dass er den Blutzucker relativ sorglos in Bereiche sinken lassen kann, die bei allen anderen Diabetikern schon bedrohlich wären. Meine persönliche Erfahrung ist, dass der Blutzucker weit absinken kann. Mein Minimum war 33 mg / dl. Man spürt natürlich die Unterzuckerung, ist aber nicht von neurologischen Ausfällen bedroht. Ich kann in diesem Fall mit dem Fahrrad weiter fahren. Allerdings entfaltet die Muskulatur dann nicht die übliche Kraft. Ich fahre gefühlt wie mit angezogener Handbremse. Da ich mich seit dem Beginn meiner Erkrankung ketogen ernähre, habe ich trotz HbA1c von 4,6% noch niemals eine Unterzuckerung mit neurologischen Beeinträchtigungen erlebt.

Das Training dieses Stoffwechselweges kann man vergleichen mit der Gewöhnung an Alkohol. Wenn man an Alkohol nicht gewöhnt ist, führen bereits kleine Mengen zu einer deutlichen neurologischen Beeinträchtigung. Bei regelmäßigem Training wächst die Leber mit ihren Aufgaben. Nach mehreren Monaten fleißigen Trainings verträgt man bereits deutlich größere Mengen an Alkohol, weil der Alkoholabbau in der Leber deutlich leistungsstärker geworden ist.